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Autorin: Michelle Unger
Das Branchenengagement ist der Schlüssel zu zukünftigen Talenten
Erste Ergebnisse aus Interviews mit namhaften BranchenführerInnen in Verbindung mit den Ansichten junger Fachkräfte weisen auf eine dringende Herausforderung1 hin: Der Erfolg einer Karriere im Energie- und Ingenieurswesen hängt heute weniger von rein technischen Kenntnissen ab, sondern vielmehr davon, wie effektiv Unternehmen Talente gewinnen, fördern und binden können. Michelle Unger, Vice President Strategic Industry Engagement bei ROSEN, hat nach vielen Jahren in der technischen Ausbildung aus erster Hand erfahren, wie wichtig es ist, Kernkompetenzen aufzubauen. Sie erläutert, warum es heute besonders wichtig ist, noch einen Schritt weiter zu gehen, indem man Soft Skills entwickelt, sich am interdisziplinären Lernen beteiligt und vor allem aktiv mit der gesamten Branche zusammenarbeitet, um uns strategisch als führender Sektor zu positionieren.
Ohne eine echte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Wissenschaft und Politik können wir nicht hoffen, den Bedarf an Fachkräften nachhaltig zu decken.
Demografischer Druck und Qualifikationslücken
Die demografische Uhr tickt. Ein erheblicher Teil der Arbeitskräfte nähert sich dem Rentenalter und nimmt damit jahrzehntelanges institutionelles Wissen und technisches Fachwissen mit. Dieser Wandel führt zu kritischen Lücken in Bereichen wie Integritätsmanagement, Materialwissenschaften und Digital-Twin-Technologien. Diese Lücken lassen sich nicht ohne Weiteres schließen. Das Engagement und die Zusammenarbeit der Industrie sind von entscheidender Bedeutung, da wir gemeinsam mit Universitäten, technischen Instituten und Berufsverbänden Lösungen entwickeln und unsere Ausbildungs- und Wissenstransferinitiativen an die Realitäten einer sich wandelnden Belegschaft anpassen.
Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit
Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit erhöhen die Dringlichkeit. Veränderte Energieflüsse erfordern den raschen Einsatz neuer Kraftstoffinfrastrukturen, fortschrittlicher Inspektionstechniken und KI-gestützter Analysen. Dies sind grundlegende Fähigkeiten, die für den Betrieb und das Wachstum der Branche von zentraler Bedeutung sind. Engineering mit interdisziplinärem Fachwissen ist sehr gefragt, aber rar. Die frühzeitige Einbindung junger Talente durch gemeinsame Initiativen von Industrie und Wissenschaft, Ausbildungsprogramme und geförderte Forschung ist nicht mehr optional, sondern bildet die Grundlage für die Stärkung der Widerstandsfähigkeit und die Beschleunigung von Innovationen in der gesamten Branche.
Finanzielle und betriebliche Auswirkungen
Die finanziellen und betrieblichen Folgen einer Vernachlässigung der Mitarbeiterbindung sind gravierend. Eine hohe Fluktuation treibt die Kosten für Personalbeschaffung und Schulung in die Höhe, die manchmal bis zu 150% des Jahresgehalts eines Ingenieurs/einer Ingenieurin betragen können. Die versteckten Kosten sind sogar noch höher: Projektverzögerungen, Risiken hinsichtlich der Compliance und eine Verschlechterung der Sicherheitsleistung. Auch hier bietet das Engagement der Industrie eine Teillösung. Durch die Schaffung gemeinsamer Plattformen für Schulungen, Entsendungen und berufliche Zertifizierungen können Unternehmen Doppelarbeit reduzieren und eine größere Kontinuität der Kompetenzen über Projekte und Regionen hinweg gewährleisten.
Strategien zur Gewinnung und Bindung von Talenten
Wie können wir also im Wettbewerb um knappe Fachkräfte bestehen? Die Daten sprechen eine klare Sprache: Die Attraktivität einer Karriere hängt ebenso sehr davon ab, was Unternehmen bieten, wie davon, was sie versäumen. NeueinsteigerInnen fühlen sich von stabilen, gut bezahlten Positionen mit bedeutender gesellschaftlicher Wirkung, technisch anspruchsvollen Aufgaben im Bereich kritischer Infrastrukturen und Möglichkeiten zur globalen Mobilität und zum Kontakt mit neuen Energieträgern angezogen. Umgekehrt schrecken sie begrenzte Einstiegsmöglichkeiten, geschlossene Empfehlungsnetzwerke, das Stigma der Branche und Anti-Öl- und Anti-Gas-Diskurse ab. Um dem entgegenzuwirken, sollten Unternehmen Empfehlungsfreie Absolventenprogramme auflegen, Pipeline-Module in die Lehrpläne der Universitäten integrieren und ihre Wertversprechen für MitarbeiterInnen mit flexiblen Leistungen, leistungsabhängigen Vergütungen und zweckorientierten Botschaften modernisieren. Entscheidend ist, dass diese Bemühungen nicht isoliert durchgeführt werden. Gemeinsame Branchenrahmenwerke und Outreach-Programme signalisieren Ernsthaftigkeit in Bezug auf Inklusion und Wirkung – allesamt entscheidende Faktoren für die nächste Generation von Talenten.
Die Rolle von Coaching, Mentoring und Engagement
Schließlich ist kein Gespräch über beruflichen Erfolg vollständig, ohne die Bedeutung von Coaching und Mentoring hervorzuheben. Über die Entwicklung von Fähigkeiten hinaus fördern diese Beziehungen Resilienz, Zielstrebigkeit und Zugehörigkeit – genau die Elemente, die die Mitarbeiterbindung fördern. Außerdem beschleunigen sie den Transfer von implizitem Wissen, das sich nicht in Handbüchern oder Systemen festhalten lässt. Mentoring und Coaching, die als branchenweite Verantwortung angesehen werden und nicht auf einzelne Unternehmen beschränkt sind, sind die effektivsten Programme. Wenn Fachleute aus verschiedenen Unternehmen und Disziplinen die nächste Generation betreuen, stärken wir die kollektive Stärke und Glaubwürdigkeit unserer Branche.
In einer Zeit, die von demografischen Veränderungen, Sorgen um die Energiesicherheit und einem zunehmenden Wettbewerb um Talente geprägt ist, ist ein branchenweites Engagement nicht nur wünschenswert, sondern unverzichtbar. Unternehmen, die gemeinsam daran arbeiten, Strategien zur Gewinnung und Bindung von MitarbeiterInnen zu priorisieren, die auf Coaching, Mentoring und zielgerichteter Entwicklung basieren, werden nicht nur ihre eigene Zukunft sichern, sondern auch die Zukunft der gesamten Pipeline-Branche.
Referenz
[1] Umfassende Ergebnisse verfügbar bei PPIM 2026: Talent Pipeline - A Comprehensive Review of the Talent Management and Career Journeys in the Pipeline Industry.